Telfer ...  Besonderheiten  Originale  Links  Verein  Impressum


Teckn Hiasl

Rofner Mathias (* 05.10.1894 in Ludesch/Vorarlberg, + 15.07.1968 in Telfs, 55er-Haus)

Im ehemaligen '55er-Haus' wohnte auch der 'Teckn Hiasl' mit seiner Frau Sophie. Sie waren beide nette Leute. Der Hiasl hatte die Angewohnheit, daß er mit Vorliebe ortsfremden Touristen allerhand Geschichten erzählte, wofür er einige Schillinge bekam, die er dann sofort in einen Pudel Schnaps umsetzte. Er war ein großer Spitzbub.

Auf dem Gendarmerieposten bekamen wir die Aufgabe, einen Karrner vorzufuhren, aber kein Beamter wollte diesen Akt erledigen. So bekam ich den Auftrag, diesen unbekannten Karrner in Telfs zu suchen - und zu dieser Zeit hatte ich noch keinerlei Erfahrung mit dieser Sippe.

Der damalige Rayons-lnspektor Karl Schaffenrath, vulgo Tatscher, sagte zu mir: "Da brauchst dich nur an den Teckn Hiasl zu Wenden, der sagt dir schon wo du den Karrner finden kannst; mußt ihm halt einen Pudel Schnaps bezahlen." Schaffenrath war auch der Beamte, der die Karrner am besten kannte - er war ja selber ein richtiger Telfer. Er sagte auch immer: "Mußt sie nur achten und fein sein, dann brauchst du keine Sorgen zu haben. Sie helfen dir gern und was du dann schreibst, das ist wieder eine andere Sache." Nach diesen Richtlinien habe ich mich immer gehalten und bin recht gut gefahren damit.

Also traf ich den Hiasl auf der Straße und bat ihn, ob er mir helfen könne den gesuchten Karrner zu finden. Hiasl lachte verschmitzt und meinte, dieser Karrner ist momentan nicht in Telfs, aber wenn er aufkreuzt, dann bekomme ich Bescheid. Er hielt zugleich die Hand auf und fragte: "Aber ein Pudel schaut schon heraus?" Ich gab ihm 10 Schilling. Erfreut bemerkte er: "Da bekomme ich ja zwei Pudel Schnaps dafürl" Zu dieser Zeit verdiente ein Gendarm nicht viel, aber ich gab ihm das Geld gerne, denn ich war froh, wenn ich den Akt bald erledigen konnte.
Einige Tage darauf, an einem Sonntag, machte ich alleine Dienst im alten Gendarmerieposten im heutigen Bezirksgericht Telfs. Da klopfte es an der Tür und der Hiasl stand vor mir und erklärte, der gesuchte Karrner sei nun im 55er-Haus und ware gerade dabei, eine Jause einzunehmen. ich müsse aber von hinten über die Stiege das Haus betreten, damit er nicht mehr abhauen könne. Diesesmal gab ich dem Hiasl 20 Schilling, wofür er sich bedankte und im Nu verschwunden war. Er kam aber nochmals zurück und sagte: "Brauchst dich aber nicht zu beeilen, denn der hat einen Riesenhunger und bleibt noch eine Weile dort."

lch machte mich aber sofort auf den Weg zum 55er-Haus und sah gerade noch, wie der Hiasl im Gasthaus Hohe Munde verschwand. lm 55er-Haus angekommen, fand ich auch gleich den Karrner und erklärte ihm, er müsse mitkommen, um seine Tage im Ziegelstadel abzusitzen. Er war gar nicht überrascht und meinte nur er sei froh, dann habe er diese neun Tage endlich auch hinter sich! Da es Sonntag war, mußte ich den Karrner im Gemeindearrest einsperren und am näch-
sten Tag wurde er dann eingeliefert.

Die Hauptsache aber war, daß der Hiasl seinen Schnaps bekommen hat, den ich ihm von ganzem Herzen vergönnte. Seine Frau allerdings war nicht gerade begeistert, wenn er wieder besoffen nach Hause kam. Eines Tages sprach mich seine Frau, die Sophie an, und bat mich, ob ich vielleicht einmal ein Kasperltheater für die Kinder bei mir zu Hause spielen könnte. lch sagte ihr, das mache ich gerne, aber sie müsse die Kinder betreuen. Sie kam mit sechzehn Kindern in mein Kellertheater und führte die Oberaufsicht. Sie fühlte sich glücklich und sagte: "Felix, du weißt gar nicht wie wir uns alle gefreut haben." Vor dem Spiel sagte ich zu den Kindern: "Wenn ihr aufs Klo gehen müßt, dann braucht ihr nur die Treppe hinaufzugehen - im Erdgeschoß ist eins." Als ich dann eine Pause machte, waren plötzlich keine Kinder mehr im Keller. Erstaunt fragte ich die Sophie, wo denn die Kinder geblieben sind. Sie lachte verschmitzt und sagte: "Die schauen alle dein Klo an, denn sowas kennen sie noch nicht." lch hielt Nachschau und tatsächlich, da standen alle Kinder in Reih' und Glied vor der Klotüre.

Obiges Foto wurde untenstehendem Büchlein entnommen und zeigt 'Teckn Hiasl' mit einem Pudele Schnaps.

Quelle: Vorstehende Erzählung wurde dem Büchlein 'Als die Karrner noch durch Tirol zogen' von Felix Salzlechner (ehem. Gendarmeriebeamter in Telfs), 1997, entnommen.

 

 © Copyright 2013 - HJG, Telfs/Tirol, Österreich - www.telfer.at - Erstveröffentlichung: 15.06.2000
Panoramabild: Hansjörg Hofer

Letzte Aktualisierung am 28.07.2014